Die Kriminalgeschichte ist fast so alt wie der Mensch selbst. Doch die Kriminalistik gibt es noch nicht allzu lange – im Gegensatz zur Polizei. Wie beides entstanden ist und sich entwickelt hat, ist eine interessante Geschichte. Hier kannst Du Näheres zur Kriminalgeschichte, der Polizei und den Fortschritt der Kriminalistik nachlesen.
Bedeutung der Kriminalistik
Manche meinen, dass Kriminalistik und Kriminologie das Gleiche sind, was falsch ist. Es ist wichtig, dies zu unterscheiden, weil sich beide Felder mit unterschiedlichen Dingen befassen.
Die Kriminologie forscht nach den Ursachen von Kriminalität, wohingegen die Kriminalistik Verbrechen aufklärt. Anders gesagt: Das, was Du in Krimis liest, hörst oder siehst, ist der Kriminalistik zuzuordnen.
Dennoch sind die Grenzen zwischen Kriminalistik und Kriminologie fließend. Denn Kriminalisten ergründen beispielsweise auch die Sichtweisen von Tätern und Täterhintergründe, um Fälle aufzuklären. Will heißen, sie wenden Bereiche der Kriminologie bei ihrer Arbeit an.
Verbrechen gibt es, seit Menschen in Verbünden zusammenleben. Das heißt, Mord, Totschlag, Raub, Betrug und andere Straftaten gab es schon in der Antike. Die Kriminalgeschichte an sich ist also schon sehr alt. Da stellt sich die Frage, ob es zu damaliger Zeit bereits eine Polizei gab.
Antike Polizisten der Kriminalgeschichte
Polizisten, wie wir sie heute kennen, gab es in der Antike natürlich nicht. Es war noch nicht einmal das Wort Polizist bekannt. Das entstand nämlich erst im Mittelalter.
Das Wort 'Polizei' ist griechischen Ursprungs (politeia) und kann mit 'Stadt- oder Staatsverfassung' übersetzt werden. Es wurde vom Lateinischen (politia) übernommen – und fand dann im 14. Jahrhundert Zugang in die französische Sprache (la police). Bis es von der deutschen Rechtssprache übernommen wurde, dauerte es allerdings noch bis zum 15. Jahrhundert. Und es wurde abgewandelt in 'Policzey' (auch Policey oder Pollucey).
Heutige wissenschaftliche Untersuchungen der Kriminalgeschichte befassen sich mit der Frage, ob die Antike schon eine Art Polizei unterhielt. Dem ist tatsächlich so, und zwar in Form der sogenannten Liktoren im Alten Rom. Der berühmte Heinrich Heine beschäftigte sich bereits im 19. Jahrhundert damit und setzte Polizei und Liktoren gleich. Darauf beruft man sich heute und beurteilt Liktoren als vergleichbar mit der modernen Polizei aus soziologischer Sicht.
Ein Liktor war im Römischen Reich zunächst ein Leibwächter des Königs und später als Amtsdiener für den Schutz hochgestellter Amtsträger (Magistratur) zuständig. Weiterhin diente er als Statussymbol für den Magistrat, um dessen Macht zu verdeutlichen. Je mehr Liktoren einem Würdenträger vorausgingen, desto höher war sein Rang.
Das Aufgabenfeld der Liktoren war umfassend. Sie gaben ihren Magistraten Geleitschutz sowohl bei Dienstgängen als auch bei privaten Wegen und sorgten für freie Bahn ihres Dienstherrn. Im Zuge dessen kündigten sie das Nahen des hohen Herrn an und schoben mit einem Stab in der rechten Hand das Volk beiseite. Außerdem wohnten sie Reden als Leibwache bei und führten beauftragte Verhaftungen und Bestrafungen durch.
Es gab also durchaus antike Polizisten, doch die Kriminalistik entstand erst sehr viel später. Neben den veränderten Aufgaben unterscheiden sich heutige Polizisten auch dadurch, dass Liktoren nicht ausschließlich der Exekutive zuzurechnen sind, denn der Magistrat praktizierte keine Gewaltenteilung im Römischen Reich.
Kriminalgeschichte im Mittelalter
Nachdem der Begriff 'Policzey' im 15. Jahrhundert in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen war, konnte von einer Polizei, wie wir sie kennen, immer noch keine Rede sein.
Es herrschte oftmals das Faustrecht des Stärkeren. Und es oblag den jeweiligen Landesfürsten, Grafen und Herzögen für Landfrieden zu sorgen und Maßnahmen zur Sicherung der Öffentlichkeit zu treffen. Kleinstaaterei, unterschiedliche Handhabungen in den Ländern oder mangelnde Durchsetzungen waren das Ergebnis dessen.
Das änderte sich zur Zeit von Kaiser Karl V. Er war Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und König von Spanien, somit auch Kaiser von Deutschland. Denn das heutige deutsche Gebiet gehörte damals dem Römischen Reich an. 1521, ein Jahr nach seiner Krönung, forderte er von seinen Reichsherren "recht, fride, hut und ordnung und polliceen im reich, auch ain regiment aufzurichten". Es solle eine gute Polizey, Verwaltung und Friedensordnung geben.
Um dies durchzusetzen, wurden bewaffnete Personen beauftragt, die notfalls mit Zwang und Waffengewalt vorgingen. Es waren Knechte, Büttel oder Amtspersonen, die hierfür herangezogen wurden. Nach den Liktoren aus der Antike waren sie die ersten Polizisten, die für die "gute Ordnung des Gemeinwesens und Sittlichkeit" zu sorgen hatten. Es entwickelte sich die Lehre 'ius politiae' (Polizeigewalt).
Karl V. war es auch, der 1532 das erste deutsche Strafgesetzbuch hervorbrachte. Es nennt sich 'Constitutio Criminalis Carolina' und heißt übersetzt 'Peinliche Halsgerichtsordnung'. Hierbei muss beachtet werden, dass es sich um eine zeitgenössische Formulierung handelt. Denn 'Peinlich' wird hier aus dem Lateinischen 'poena' herangezogen und meint Leibes- und Lebensstrafen.
Diese Gesetzesschrift galt in vielen Ländern bis ins 19. Jahrhundert hinein. Sie mag aus heutiger Sicht grausam klingen, aber sie ließ immerhin schon den Zeugenbeweis, die Gegenüberstellung und den Eid zu.
Verbrechensaufklärung im Sinne der Kriminalistik und die staatliche Pflicht zum Schutz der Bürger vor Gefahren gab es jedoch immer noch nicht. Und bei der Verbrechensbekämpfung stand weiterhin das Interesse des jeweiligen Herrschers im Vordergrund. Er bestimmte willkürlich, was Recht ist und wie die Ahndung von Rechtsbrüchen auszusehen hatte. Folter und Gewalt waren an der Tagesordnung, um Geständnisse zu bekommen. Ebenso die sogenannten Hexenprozesse. Eine Gleichheit vor dem Gesetz existierte nicht. Der Macht zuträglich und der Form halber wurde stets von "Gottes Gnaden" gesprochen.
Die Kriminalistik nimmt Fahrt auf
In der frühen Neuzeit der Kriminalgeschichte wurden immer mehr allgemeinverbindliche Rechtsnormen und Strafverfolgungsinstanzen geschaffen. Allmählich gewann die Kriminalistik an Bedeutung. Beweise und Spurenuntersuchungen wurden als Rechtsmittel anerkannt.
Ab dem 18. Jahrhundert wurden die gesetzlichen Normen verfeinert und der Fokus begann sich verstärkt auf die Kriminalistik zu richten. So bekam beispielsweise das Berliner Kriminalgericht im Jahr 1799 erstmals Polizisten zugeordnet.
Am 01.04.1811 nahm die erste deutsche Kriminalpolizei in Berlin ihre Arbeit auf – und zwar eigenständig in einem neu gegründeten Polizeipräsidium. Zuvor befanden sich die Kommissare unter der Fuchtel des Gerichts. Nun durften sie in Eigenverantwortung agieren und Straftaten aufklären.
Dennoch war alles noch sehr eingeschränkt und es waren nur wenige kriminalistische Beamte im Einsatz. Nichtsdestoweniger gab es schon die ersten Fahndungsblätter für die Suche nach Tätern, Handschellen, die Bewaffnung mit Vorderlader-Pistolen und eine Kripo-Marke, um sich auszuweisen.
Im Jahr 1830 wurde dann eine ganze Kriminalpolizeiabteilung eingerichtet, was alsbald von anderen deutschen Städten übernommen wurde.
In einigen Quellen wird Scotland Yard als älteste, nicht-paramilitärische Polizeibehörde der Welt genannt. Fakt ist jedoch, dass Scotland Yard am 29.09.1829 gegründet wurde – also 18 Jahre nach dem Berliner Präsidium.
Scotland Yard ging aus der Metropolitan Police hervor und erhielt seine gängige Namensgebung durch den Sitz des Hauptquartiers im New Scotland Yard in Westminster. Der Gründer war der damalige Innenminister Robert Peel. Von seinem Namen abgeleitet, entstanden die umgangssprachlichen Begriffe "Bobbys" und "Peelers", die in England heute noch für Polizisten benutzt werden.
Pioniere der Kriminalgeschichte
Die Kriminalgeschichte enthält viele Meilensteine. Einer davon hat seinen Sitz zur Zeit der Weimarer Republik.
Nach dem Ersten Weltkrieg fand eine Gliederung der deutschen Polizei in fast allen preußischen Provinzen statt. Sie wurde von einer staatlichen Polizei in eine schwer bewaffnete paramilitärische Sicherheitspolizei (grün uniformiert), in eine relativ zivile Ordnungspolizei (blau uniformiert) und in kommunale Polizeistationen mit Kriminalpolizei in großen Städten gegliedert. Das ging nicht lange gut und es herrschten schlimme Zustände.
Nach Aufständen und Gegenschlägen wurde die Sicherheitspolizei am 22.06.1920 durch die Interalliierte-Militär-Kontrollkommission verboten. Die Auflösung erfolgte dann im Oktober des gleichen Jahres.
Nun erhielt Wilhelm Abegg (Ministerialrat und später Staatssekretär) vom preußischen Innenministerium den Auftrag, die Polizei neu zu organisieren. Das tat er und er gilt als Begründer der modernen deutschen Polizei.
Bereits im November 1920 erließ er, dass die vorherige Ordnungspolizei und Sicherheitspolizei zu einer Schutzpolizei zusammengeführt werden. Gemeinsam mit der existierenden Kriminalpolizei wurde daraus die sogenannte Einheitspolizei.
Ein weiterer bedeutender Pionier der Kriminalgeschichte ist Ernst Gennat. Er gehörte der Berliner Kriminalpolizei an, war äußerst begabt und erfolgreich bei der Aufklärung seiner Fälle. Das ist aber noch nicht alles. Der "Buddha" oder "Der Dicke vom Alexanderplatz", wie er wegen seiner Körperfülle genannt wurde, revolutionierte die Methoden von Kriminalisten und ist Begründer der ersten ständigen Mordkommission der Welt.
Zuvor war es so, dass bei einem eingetretenen Verbrechen zunächst Beamte zusammengesucht werden mussten. Wertvolle Zeit ging verloren. Derweil wurden Spuren am Tatort zertrampelt oder naiv zerstört, indem Leichen aus Pietätsgründen umgebettet wurden. Auch das 1925 neu gegründete Landeskriminalpolizeiamt für Preußen konnte die Defizite bei der Verbrechensbekämpfung nicht abstellen.
Dies änderte sich ab 01.01.1926 mit dem durch Ernst Gennat gegründeten Mordbereitschaftsdienst.
Die sogenannte Zentrale Mordinspektion wurde vom zum Kriminalpolizeirat beförderten Gennat geleitet. Er suchte höchstselbst die fähigsten Kriminalisten für seine Abteilung aus. Weiterhin erfand er das umfassend ausgestattete Mordauto, legte einen 7-Punkte-Ablauf für das Vorgehen an Tatorten fest und begann, eine Verbrecherkartei anzulegen. Seine erfolgreichen Vorgehensweisen fanden weltweit Beachtung und Nachahmung.
Erwähnenswert ist auch seine besondere Art der Kriminalistik. Er ging auf Verdächtige ein, blieb dabei immer human und betrieb Profiling – schon lange, bevor dieser Begriff unseren Wortschatz eroberte.
Im 20. Jahrhundert gab es eine weitere Revolution in der Kriminalgeschichte. James Watson und Francis Crick entdeckten 1953 die Entschlüsselung der DNA, wovon die heutige Kriminalistik maßgeblich profitiert.
Kommissar Brettchen ist sich der Kriminalgeschichte sehr bewusst. Er arbeitet ebenfalls viel mit Profiling und den modernen Methoden der Kriminalistik.