Es gibt eine Menge Bücher mit Anekdoten. Kein Wunder, denn Leser verschlingen gerne kurze Geschichten, die lustig sind und eine Pointe haben. In der Welt der Verbrechen gibt es natürlich auch eine Menge davon. Einige sind zum Schmunzeln, andere sind schaurig oder haben einen Aha-Effekt. Eine kleine Auswahl an Anekdoten aus der Kriminalgeschichte findest Du hier.
Ursprung von Anekdoten
Wie so vieles haben auch Anekdoten ihren Ursprung in der Antike. Damals wurden sie unter anderem als Apophthegma, facete dictum oder Aphorismus bezeichnet. Der antike Wortursprung leitet sich von 'anékdotos' ab, was damals für einen noch nicht veröffentlichten Text verwendet wurde.
Diese recht neutrale Bedeutung änderte sich, als der Historiker Prokopios von Caesarea im 6. Jahrhundert ein kritisches Werk namens 'Anekdota' verfasste und herausbrachte. Darin ging es um Klatschgeschichten über den oströmischen Kaiser Justinian I. (482-565 n. Chr.). Es war eine regelrechte Schmähschrift, die auch vor Unterstellungen und Unwahrheiten nicht haltmachte.
Prokopios schor sich nicht um seinen Berufsstand, in dem eigentlich Objektivität zu erwarten ist. Ihm war es offenbar wesentlich wichtiger, sehr scharfe Kritik an dem Kaiser und dessen Umfeld zu verbreiten.
Infolgedessen wanderte der Begriff Anekdote mit anderer Aussagekraft in den Sprachgebrauch. Sie steht seitdem für kurze geistreiche Erzählungen über Personen oder Persönlichkeiten mit besonderen Eigenarten oder Handlungen.
Anekdoten mit lustigen Spitznamen von Verbrechern
Verbrecher haben oder bekommen oftmals Spitznamen. Früher sammelte die Polizei diese Aliasnamen von Gaunern in einer Spitznamenskartei. So hatte beispielsweise das Landeskriminalpolizeiamt in Hessen Ende des Jahres 1949 schon eine beachtliche Sammlung von 192 Karten angelegt.
Damals gab es so manche Spitznamen, die als lustige Anekdoten in die Kriminalgeschichte eingingen. Mit dabei waren zum Beispiel "De Blinzler" – der tatsächlich aufgrund eines Augenfehlers ständig blinzelte – oder "De Entfesselungsjockel" – dessen Alias selbsterklärend ist. Weiterhin gab es den "Blauen Anton", der nicht nur eine Karriere als Verbrecher, sondern auch als Säufer hinlegte. Außerdem "De Graf Rotz", der ein Geldbeuteldieb war und sich gerne mit seiner Beute brüstete. Während sich der "Blöde Johann" stets dumm und unschuldig stellte, ist der "Scheitel-Willy" extrovertierter gewesen. Der Zuhälter trug einen pomadisierten Scheitel zur Schau, der ihm seinen Beinamen gab.
In der Schinderhannes-Bande waren ebenfalls einige Kumpane mit lustigen Spitznamen vertreten. Der Räuber Franz Beyer wurde "Scheeler Franz" genannt, was offenbar auf seine mangelnde Sehkraft hinweisen sollte. Warum Räuber Georg Friedrich Schulz "Schlechter Freier" gerufen wurde, soll der Fantasie eines jeden selbst überlassen bleiben.Es gab beispielsweise auch einen "Placken-Klos", der einer der Feinde des Schinderhannes war. Und der eifersüchtige "Iltis-Jakob" war in verschiedenen Banden tätig.
Lustig im wahrsten Sinne des Wortes ist der Spitzname des Mafiosos Joseph Lombardo. Er wurde "The Clown" genannt, weil er gerne Witze machte. Und dass eine der Zuhälterorganisationen des Hamburger Kiezes den Namen "Nutella-Bande" trägt, könnte spöttische Gründe haben. Der Spitzname "Stumpfarm" klingt ebenfalls lustig, gehört aber zu einem bösartigen Serienmörder. Mehr zu Beinamen aus der Unterwelt, Ganoven und deren Verstecken sowie viele weitere Informationen kannst Du in unserem Krimi-Lexikon erfahren. Es wird fortlaufend weiter bestückt.
Auch heute noch werden Spitznamen von Verbrechern von der Polizei gesammelt, allerdings werden sie elektronisch erfasst und gespeichert. Und sie sind meistens nicht mehr ganz so lustig oder offensichtlich zutreffend.
Anekdoten vom Vater der Mordkommission
Ernst Gennat ist einer der Pioniere der Kriminalgeschichte und darf auch bei den Anekdoten nicht fehlen. Er war der Begründer der ersten ständigen Mordkommission weltweit, die am 01.01.1926 ihren Dienst in Berlin unter seiner Leitung aufnahm.
Und er hatte auch Spitznamen: "Buddha, Der volle Ernst und Der Dicke vom Alexanderplatz". Sie bezogen sich auf seine enorme Leibesfülle, die nicht zuletzt durch seinen hohen Konsum von Kuchen entstanden war. In seinem Büro stand stets Kuchen bereit, den er auch gerne seinen Mitarbeitern anbot. Es kam sogar vor, dass Verbrecher im Verhör Kuchen und eine Tasse Kaffee von ihm bekamen.
Diese nette Vorgehensweise spiegelte sich ebenso in seinem Auftreten als väterlicher Freund und in seinen Methoden wider. Er lehnte damals oft noch übliche Gewaltanwendungen bei Vernehmungen ab und bläute seinen Mitarbeitern ein: "Wer mir einen Beschuldigten anfasst, fliegt! Unsere Waffen sind Gehirn und Nerven!"
Seine humane Art stand seiner Aufstiegskarriere oft im Weg. Doch Gennat war sehr erfolgreich mit seinen neu eingeführten Methoden. So erzielte zum Beispiel seine Zentrale Mordinspektion im Jahr 1931 eine Aufklärungsquote von 94,7 Prozent. Vergleicht man das mit heute, ist das ein sehr guter Wert – zu damaliger Zeit sowieso. Heute liegt die Quote für Morde zwischen 85 und 95 Prozent. Für den direkten Vergleich: Die Aufklärungsquote für Mord und Totschlag lag in Berlin 2019 bei 90,6 Prozent und 2022 bei 89,5 Prozent.
Der Buddha war 33 Jahre im Polizeidienst tätig und klärte insgesamt 298 Morde auf.
Grausame Anekdote eines Mordfalles
Die nächste Anekdote jagt einem Schauer über den Rücken.
Es geht um einen aufsehenerregenden Mordfall im hessischen Ellar aus dem Jahr 1947, der erst 11 Jahre später aufgeklärt wurde. Aber der Reihe nach.
Josef S. nahm sich eine Geliebte und besaß die Dreistigkeit, diese seiner Ehefrau direkt vor die Nase zu setzen. Als sich seine Ehefrau Elisabeth vorwurfsvoll gegen den Einzug der Geliebten Emmi K. in die gemeinsame Wohnung wehrte, war das ihr Todesurteil.
Der erste Mordversuch mit Gift scheiterte. Der zweite Anschlag gelang. Elisabeth wurde mit einem Hammer erschlagen, als sie schlief. Ihre Leiche wurde im Keller des Hauses vergraben. Scheinheilig gab Josef eine Vermisstenanzeige auf.
Es gab Verdachtsmomente gegen ihn, die sich jedoch nicht erhärten ließen. Er konnte zunächst nicht überführt werden. Im Jahr 1958 nahmen sich die Ermittler des hessischen Landeskriminalamtes den Fall nochmals vor – mit Erfolg. Josef und Emmi wurden festgenommen und im Verhör gestand die Geliebte, Elisabeth erschlagen zu haben. Ein schlimmer Fall der Kriminalgeschichte, aber es wird noch grausamer.
Im Zuge des Strafprozesses kam zutage, dass Josef schon vier Wochen vor der Tat das Grab in Keller ausgehoben hatte. Außerdem übte Emmi vor dem Mord schwere Hammerschläge auf einem Holzklotz, unter Aufsicht und Anleitung von Josef.
Beide bekamen eine lebenslängliche Freiheitsstrafe wegen gemeinschaftlichen Mordes. Außerdem wurden ihnen die bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit entzogen, was damals noch möglich war.
Witzige Anekdote eines Kriminalbeamten
Diese Anekdote kommt von unseren österreichischen Nachbarn und sie lockt einem ein Schmunzeln auf das Gesicht.
Der 1946 geborene Johann Veith war ab 1967 bei der Wiener Polizei tätig und ist heute Oberst i.R. Johann wusste schon als Kind, dass er Polizist werden wollte. Er begeisterte sich außerdem für Kampfsportarten, die er mit hartem Training betrieb. Er errang 1969 den 1. Dan, den Meistergrad des schwarzen Gürtels. 1971 folgte dann die Prüfung zum 2. Dan, die er ebenfalls erfolgreich absolvierte.
Seine Sportlichkeit half ihm sicherlich dabei, in seinem damaligen Bezirk Penzing für Ruhe und Ordnung zu sorgen. So gelang es ihm beispielsweise, einen zwei Meter großen Muskelprotz zu überwältigen und ihm Handschellen zu verpassen.
Neben der Bearbeitung von Mord, Raub und anderen Delikten legte er aber auch zarte Seiten an den Tag. Im Jahr 1980 konnte er dafür sorgen, dass sich ein streitendes Ehepaar wieder vertrug und das bevorstehende Weihnachtsfest gemeinsam feierte.
In einem Buch schildert er Fälle und Anekdoten aus seiner aktiven Zeit. Es wird ein bedeutender Teil der Kriminalgeschichte werden.
Johann Veith ist ein sehr engagierter Kriminalbeamter mit ausgeprägtem kriminalistischem Gespür gewesen. Dennoch musste er in seiner gesamten Dienstzeit nur ein einziges Mal von seiner Schusswaffe Gebrauch machen.
Nun kommt noch ein witziger Nebeneffekt, der wohl seinem hohen Engagement geschuldet ist. In Wiens Polizeikreisen kursiert das hartnäckige Gerücht, dass Johann Veith sein Funkgerät mit ins Bett genommen habe.
Anekdote der polizeilichen Doppeldeutigkeit
Abschließend gibt es noch eine sehr doppeldeutige Anekdote.
Bekanntermaßen wird der Begriff "Bullen" umgangssprachlich für Polizei oder Polizisten verwendet. Dies wird als Beamtenbeleidigung gewertet und kann teuer oder unangenehm werden. Es drohen Geldstrafen oder in extremen Fällen sogar Freiheitsstrafen. Bei der Titulierung "Bulle" drücken Beamte oftmals noch ein Auge zu. Es kommt auf den Kontext an. Wer aber beispielsweise "Bullenschwein" sagt, muss unter Umständen zwischen 600 und 1.500 Euro berappen.
Warum ist das so? Eigentlich ist Bulle kein schlimmes Wort.
Hier hilft ein Blick in die Kriminalgeschichte. Früher wurden Gendarmen als "Bohler, Landbohwler oder Landpuller" bezeichnet. Der Wortursprung liegt im niederländischen 'Bol', was 'kluger Kopf' bedeutet. Demzufolge sind Bullen Menschen mit Kopf und Hirn.
Kommissar Brettchen und sein Team hoffen, dass es Dir Spaß gemacht hat, die aufgeführten Anekdoten aus der Kriminalgeschichte zu lesen!