Leseproben aus dem Krimi 'Der Gerber' mit Kommissar Brettchen

Die nachfolgenden Leseproben geben Dir einen kleinen Einblick in den Krimi 'Der Gerber' mit Kommissar Brettchen und seinem Team. Wer der Täter ist, wird hier selbstverständlich nicht verraten!

Auszüge aus Kapitel 1: 'Mörderblumen' aus dem Krimi 'Der Gerber'

Luna hielt fröhlich ihren Kopf in den Fahrtwind und schaute neugierig, was draußen vor sich ging. "Kopf rein, Luna! Ich gebe jetzt Gas!", rief Kommissar Brettchen seiner blonden Hovawart Hündin im Fond des Wagens zu. Die trat brav einen Schritt zurück und der automatische Fensterheber surrte die Scheibe nach oben.
Edwin Brettchen pfiff heiter bei seiner geliebten Rockmusik mit, die den Innenraum seines Kombis erfüllte. Er war auf dem Weg zu einem Winzer, den ihm sein Kommissariatsleiter Ottmar Schrandler empfohlen hatte. Der schwor auf den Wein des Winzers Philipp Markert und der Sonderermittler nahm den Tipp gerne an. Sein in Hamburg lebender Vater brauchte guten Wein für eine besondere Veranstaltung in seinem Segelclub und hatte ihn gebeten, ihm welchen vom Rhein an die Elbe zu schicken.
Sein Ziel lag nur etwa zehn Autominuten von der Stadt entfernt. Er lenkte den Wagen durch die kleine Ortschaft und fand schnell die enge Straße, wo Winzer Markert ansässig war. Nach einer scharfen Kurve ging es bergauf. Langsam fuhr Brettchen die kurze Gasse hinauf und bemerkte dabei ein Mädchen, welches auf einer kleinen Mauer mit aufgesetztem Jägerzaun saß. Er parkte den Wagen und blickte sich suchend um. Ein Firmenschild konnte er nicht entdecken und die zutreffende Hausnummer ebenfalls nicht. Wo war dieser Winzer?
Bevor er seine Suche fortsetzte, holte er Luna aus dem Wagen, die munter heraussprang. Als das Mädchen die Hündin sah, hellte sich dessen Blick schlagartig auf. Der Kommissar ging auf die Kleine zu und fragte: "Moin! Weißt Du, wo hier der Winzer Markert ist?" Das Mädchen nickte und deutete auf ein gegenüberliegendes Haus. "Dort drüben, wo das grüne Hoftor ist!" Brettchen bedankte sich und wollte schon auf das Tor zusteuern, als das Kind fragte: "Wie heißt Ihr Hund?" Luna hatte sich schnuppernd genähert und leckte nun die hingestreckte Mädchenhand ab.
"Sie heißt Luna! Ich bin Edwin Brettchen. Und wie heißt Du?" Die Kleine kicherte vergnügt. "Sie haben ja einen lustigen Namen! Aber Luna klingt schön! – Ich heiße Emily Hartwig." Der Sonderermittler nahm die Offenheit des Mädchens nicht krumm und nickte grinsend. In dem Moment schallte eine laute Stimme aus dem Anwesen hinter der kleinen Mauer. "Elliiii!!" Hastig erhob sich das Kind. "Meine Oma ruft! Tschüüüss!"
Edwin Brettchen ging mit Luna auf das verwitterte Hoftor zu und suchte vergebens nach einer Klingel. Also drückte er die wackelige Klinke herunter. Das Tor war unverschlossen. Sie kamen in einen kleinen Hof, in dem allerlei Gerätschaften herumstanden und es intensiv nach Trauben, feuchter Erde, Wein und Schnaps roch. Eine Scheune grenzte direkt an ein Wohnhaus mit Klappläden an, wo eine Haustür unter einem kleinen Vordach zu sehen war. Der Kommissar hieß Luna, im Hof zu warten. "Platz, Luna! Bleib!" Die Hündin gehorchte und verfolgte ihr Herrchen mit wachsamen Blicken. Auch an dieser Türe war keine Klingel zu entdecken. Brettchen klopfte laut an die gelb verglaste Türfüllung.
"Herein!", hörte er eine kräftige Stimme rufen, woraufhin er die Türklinke betätigte. Er betrat einen engen, dunklen Flur, von dem rechts eine Treppe nach oben führte und es links in eine Wohnstube ging. Am Flurende war ein weiterer Raum, aus dem es erneut rief: "Kommen Sie durch!" Brettchen tat, wie ihm geheißen. Sein Weg führte ihn in eine muffige Küche. An dem großen Holztisch saßen zwei Männer, die gefüllte Schoppengläser vor sich stehen hatten. Daneben hockte eine alte Frau, die fahrig an Wollsocken herumflickte.
"Guten Tag, ich suche Herrn Markert. Ich möchte Wein kaufen", begrüßte Brettchen die Runde. Einer der Männer stand auf. Er hatte ein wettergegerbtes Gesicht mit roter Knollnase und trug eine Wollmütze. "Das bin ich! – Welchen Wein wollen Sie denn? Rot? Weiß? Weißherbst? Blumig? Süffig? Trocken?" Der Kommissar blickte etwas überfordert. "Einen guten! Der Wein ist für meinen Vater gedacht, der in Hamburg lebt und ihn für eine Feierlichkeit haben möchte. Mein Chef, Herr Schrandler, hat Sie empfohlen. Sie verschicken doch auch?!" Markerts Blick wurde etwas zugänglicher. "Ah, der Polizeichef Schrandler! – Ja, wir versenden unseren Wein auch. Na, dann probieren Sie mal ein paar Tröpfchen!"
Geschwind holte er mehrere Flaschen aus einem angrenzenden Lagerraum und stellte einige Probiergläschen auf den Tisch, die er gekonnt füllte. Währenddessen meldete sich der zweite Mann mit sarkastisch lachendem Unterton zu Wort: "Phil, musste aufpassen, dass sie Dich nicht mit der grünen Minna abholen!" Die Frau hob den Kopf und guckte den Mann mit dem dunklen Kraushaar mit verklärtem, aber verwirrten Blick an. "Knut, weißt doch! Wir waren schon mal in der grünen Heide mit meinem Vater und da hat es nach Erika geduftet …" Winzer Markert unterbrach sie und sagte mit betont lauter Stimme: "Mutter! Das ist Jahrzehnte her!" Und dann zu Brettchen gewandt: "Sie ist fast taub und verwechselt in ihrer Verwirrtheit viele Sachen!" Auffordernd hielt er Brettchen das erste Probierglas hin. Mutter Gretel Markert schwieg und senkte ihren Kopf wieder über die Wollsocken in ihrem Schoss.
Nachdem sich der Kommissar durch einige Proben genippt und die Adresse seines Vaters hinterlegt hatte, war der Weinkauf abgeschlossen. Als er sich mit Luna auf den Heimweg machte, ahnte er nicht, dass ihn dieser Ort und die Gegend in nächster Zeit stark beschäftigen würden.
Einige Tage später war Kommissar Brettchen gerade dabei, das Papierchaos auf seinem Schreibtisch abzubauen, als Klara Wabenstein mit ernster Miene sein Büro betrat.
"Edwin, die Dienststelle Süd hat uns informiert, dass eine tote Frau in den Weinbergen gefunden wurde. Sie muss wohl ziemlich arg zugerichtet sein", teilte ihm seine Sekretärin und gute Seele des Innendienstes mit. "Na, dann wird das wohl nichts mit der Aufräumaktion", erwiderte Brettchen in seiner gewohnt wortkargen Art und erkundigte sich nach seinem Polizeimeister: "Wo ist Hitzig?" Klara reichte dem Sonderermittler einen Notizzettel mit der Wegbeschreibung und antwortete: "Ich habe Heiko angerufen. Er ist schon auf dem Weg zum Fundort. Die Spurensicherung weiß ebenfalls Bescheid und kommt auch dorthin." Der Kommissar nahm den Zettel entgegen und blickte sie dankbar an. Klara dachte immer mit, was er sehr zu schätzen wusste!
"Komm, Luna! Es wartet Arbeit auf uns!", rief er seine Hündin zu sich, die sich von ihrem Hundebett erhob und schwanzwedelnd auf ihn zugelaufen kam. Mit geschickten Griffen legte er seiner Hundedame ihr Geschirr an, nahm noch einen Schluck Kaffee und verließ eilig das Kommissariat.
Brettchens Weg führte ihn aus der Stadt heraus. Er folgte Klaras notierter Wegbeschreibung und je weiter er fuhr, desto mehr wunderte er sich. Hier war er doch erst vor Kurzem entlanggefahren, als er den Wein für seinen Vater kaufte!

"Ziemlich matschig alles!", begrüßte Heiko Hitzig seinen Kommissar und kraulte Luna, die aus dem Wagen gesprungen war und sich neugierig umschaute. Ehe Brettchen antworten konnte, hörte er eine Stimme hinter sich sagen: "Nicht nur die Umgebung ist matschig – die Leiche ist es leider auch!" Es war Felicitas Bortum, die Assistentin des führenden Rechtsmediziners Professor Ingo Ankori. Der Ermittler nickte. Klara hatte so etwas erwähnt.
Vorsichtig watete er zu dem Pavillon, wo der Tatortfotograf gerade seine Arbeit machte. Dort lag eine Leiche, die offensichtlich von einem Traktor überfahren worden war. Die blutgetränkten Reifenprofile waren trotz des Regens deutlich zu sehen. Ein Unfall?
Es war kein schöner Anblick, doch Brettchen zwang sich, den Leichnam genauer zu betrachten und ging in die Hocke. Erkennbar war eine ältere Frau, die auf dem Rücken lag und die Arme seitlich ausgebreitet hatte. Am Hals der Toten bemerkte der Sonderermittler Würgemale. Also kein Unfall! Dann fesselte etwas anderes seine Aufmerksamkeit.
Um die Frau herum lagen Blumen …

Auszug aus Kapitel 5: 'Luna nimmt Fährte auf' aus dem Krimi 'Der Gerber'


Er wollte unbedingt noch mal mit Emily sprechen. Suchend fuhr er durch die Straßen der kleinen Ortschaft. Ein kleines Stück vor dem Friedhof bellte Luna kurz. Die Hündin hatte das Mädchen erspäht, welches mit zornigen Schritten und wild schwenkenden Armen die Straße entlanglief. Kommissar Brettchen stoppte den Wagen, stieg aus und ließ Luna aus dem Kombi springen. Die eilte der Kleinen hinterher und stupste sie von hinten mit der Schnauze an. Emily blieb stehen und vergrub ihr Gesicht im weichen Fell der Hundedame.
"Ich lüge nicht!", sagte sie mit weinerlicher Stimme, als der Kommissar herangetreten war. Er schaute sie einige Sekunden prüfend an und meinte dann: "Ich glaube Dir! – Komm, lass uns ein kleines Stück gehen. Luna brauch Bewegung."
Gemeinsam spazierten sie bis zum Friedhof und bogen in den Betonweg ein, der zu dem zweiten Fundort führte. Behutsam fragte Brettchen genauer nach. "Das war wirklich so! Ich habe mich noch gewundert, weil Paul um die Kapelle herumgeschlichen ist. Die liegt auf der anderen Seite von unserem Grab, wo mein Opa drinnen liegt. Die Oma trägt dem Paul öfter auf, das Grab zu harken und abzukehren", erzählte Emily. Aufmerksam hörte der Ermittler den Ausführungen zu. "Sag mal, wie nennt der Paul Deine Oma?", wollte er wissen. Das Mädchen grinste und erklärte: "Er sagt Frau Alma zu ihr. Aber das darf er nur, wenn niemand Fremdes dabei ist." Vorsichtig schob sie ihre kleine Hand in die des Kommissars. Sie mochte ihn und freute sich, dass er ihr glaubte. Brettchen ließ es geschehen und hielt die Mädchenhand sanft fest.
"Das ist schon ein wenig seltsam, das mit dem Paul und Deiner Oma", nahm er den Faden wieder auf. Emily überlegte kurz und nickte dann. "Stimmt! Das mit dem Pinkeleimer finde ich auch komisch!" Der Kommissar musste lachen. "Wie bitte? Was denn für ein Pinkeleimer?" Die Kleine stimmte in das Lachen ein und erläuterte daraufhin: "Der Paul darf in Omas Haus nicht auf die Toilette gehen. Er muss einen Pinkeleimer benutzen, der im Keller steht, oder in den Garten gehen." Brettchen blickte sie ungläubig von der Seite an. "Veräppelst Du mich jetzt?" Das Mädchen schüttelte den Kopf und in dessen Augen sah der erfahrene Kommissar, dass es die Wahrheit sprach.

Sie waren ungefähr 100 Meter in den Betonweg hineingelaufen. Bis zum Fundort der Leiche war es noch ein ganzes Stück. Plötzlich zeigte Emily auf einen Baumstamm, der vor den Weinbergreihen lag. Auffordern zog sie den Kommissar mit sich. "Da sitze ich manchmal. Die Leute sagen, der Stamm ist irgendwann mal beim Transport vom Lkw gefallen." Die beiden ließen sich auf dem Baumstamm nieder. "Da sind meine Buchstaben!", rief die Kleine begeistert und deutete auf ein eingeritztes E und ein H.

"Was hat Luna denn?", fragte Emily einige Momente später. Die Hündin beschnüffelte den Stamm intensiv von allen Seiten. Ihr Rückenfell war leicht gesträubt. An einer Stelle verharrte sie schnüffelnd, bellte einmal und machte Platz. Das Zeichen für eine Fährte! …

Auszug aus Kapitel 7: 'Rausch und Wahrheit' aus dem Krimi 'Der Gerber'


Kommissar Brettchen sprach noch eine ganze Weile mit dem auskunftsfreudigen Wirt und erfuhr so einige interessante Dinge, die sich wie Puzzlestücke in den Fall einfügten.
Langsam beschlich ihn eine leise Ahnung, die vorher schon mehrfach durch seinen Kopf gegeistert war. Doch es fehlten immer noch Erkenntnisse und Beweise zur Lösung des Falls. Nachdenklich studierte er in seiner typischen Fingerspreiz-Haltung seine gesammelten Notizen, seine angelegte Liste mit den Verdächtigen und die Fakten, die sie bereits ermittelt hatten.
Seine Gedankengänge wurden jäh unterbrochen. Er hörte und sah durch das kleine Verbindungsfenster, wie Kommissariatsleiter Ottmar Schrandler in Klaras Büro polterte und sogleich auf Polizeimeister Hitzig losging. "Was hat Sie denn geritten, ohne Absicherung in einen Keller zu gehen, Herr Polizeimeister Hitzig? Sich dann einsperren lassen! So wird das nichts mit Ihrer Beförderung!", wütete Schrandler. Hitzig stand mit betretenem Gesicht da und ließ den Orkan über sich ergehen. Brettchen sprang hoch und riss seine Bürotüre auf.
"Er war in meinem Auftrag in dem Haus von Erika Koratz!", sagte er mit energischer Stimme. Der Kommissariatsleiter fuhr herum. "Haben Sie ihm auch aufgetragen, sich einsperren zu lassen?", höhnte er. "Nein! Aber unvorhergesehene Ereignisse können in unserem Job immer passieren. Herr Hitzig macht gute Arbeit. Er hat auch die bis dato vermisste Nachricht des Mörders aufgetrieben", konterte der Kommissar.
"Wissen Sie wenigstens schon, wer ihn dort eingesperrt hat?", ließ Schrandler nicht locker. "Vermutlich der Mörder!", wagte nun Hitzig auch etwas zu sagen. "Den haben wir doch in Untersuchungshaft! Das wird ein Helfershelfer gewesen sein", erwiderte der Kommissariatsleiter und trat an die Isolierkanne heran, um sich ein Heißgetränk einzugießen.
Mitten im Gespräch der Männer hatte das Telefon geklingelt. Nun meldete sich Klara zu Wort. "Chef, es ist schon wieder etwas Unvorhergesehenes passiert! Ihre Einschätzung bezüglich des Mörders ist passé!", rief sie mit deutlicher Ironie.

Gesamtwerk des Krimis 'Der Gerber' mit Kommissar Brettchen: rund 27.000 Wörter in 8 Kapiteln